SCHLUSSCHOR
(Botho Strauß)
Inszenierung
Caroline Stolz
Bühne und Kostüm
Lorena Díaz Stephens & Jan Hendrik Neidert
Dramaturgie
Thomas Schindler
Mit
Valérie Lecarte, Antje Hochholdinger, Anja Stange, Angelika Koppmann, Lilija Klee, Polina Bachmann, Regula Fischbach, Despina Rhaue, Thomas Peters, Marco Stickel, Ralf Hocke, Philipp Brammer, Jörn Bregenzer, Oliver Hildebrandt, Peter Kampschulte, Thomas Hary, Kristoffer Keudel
Premiere
15. November 2014

























Grandiose "Schlusschor"-Aufführung am Theater Hof
(...) Temposatte Brillanz statt matter Bräsigkeit heißt das Motto, mit dem Caroline Stolz den Text kräftig gegen den Strich bürstet. (...) Der wesentlichere Grund für das virtuose Gelingen der Hofer Schlusschor-Aufführung, die erfreulicher Weise dsa allzu oft zwanghafte Getue um die "25 Jahre-Wiedervereinigungfeiern" konterkariert, ist der komödinatische Zugang der Regisseurin auf den 9. November 1989. (...) Von Beginn an geben Stolz und das Schauspielensemble dem Affen Zucker, aber nicht in schenkelklopfender Manier oder brutaler Denunziation einzelner Figuren, sondern durch feinsinnige Anleihen bei Clownerie, Burleske und Grand Guinol.
Bayrische Staatszeitung, 21.11.2014
Jetzt, 25 Jahre nach dem Mauerfall, in der einstigen Grenzstadt Hof, hat Caroline Stolz das Stück neu inszeniert und den ganzen Stoff mutig vom Kopf auf die Beine gestellt. Denn da Straußens wunderbare Partitur auch reichlich absurde Passagen enthält, übersetzt sie das Stück konsequent ins Komödiantische, ja, eigentlich sogar: in Slapstick. Eine Idee, die wunderbar zündet. Also sind die Schauspieler gekleidet in 20er-Jahre-Stummfilm-Kostüme, untenrum mit lächerlichen langen Unterhosen, allesamt grell geschminkt. Die Bühne wird dominiert von einem Dutzend mobilen Türen, die nach Boulevard-Manier ständig auf und zu knallen und zuletzt ein großartiges Bild ergeben, wenn sie als Bundesadler gen Schnürboden fliegen.
Dazwischen ein flinkes, präzises Ensemble, das aus dem Stoff Witz um Witz rupft und auf die Bühne wirft, herumblödelt, herumabsurdelt, herumpointelt. Auf genau diese Art knackt die Regie den Text und gibt den Blick frei auf dessen Zentrum: Der so genannte "Mantel der Geschichte" ist bei genauer Betrachtung nur ein lockeres Gewebe individueller Fädchen, die zur Laufmasche tendieren; der Witz der Inszenierung leuchtet durch diese in Text und Geschichtsbild angelegte Fadenscheinigkeit der historischen Wirklichkeit. Es gibt immer wieder herrlich durchgedrehte Szenen, etwa wenn im Schlussakt West- und Ostdeutsche erstmals aufeinandertreffen und ihre Zwiesprache mit grotesken Verständigungsgesten untermalen.
Auf dieser permanenten Bugwelle des allen Tiefsinn wegdrückenden Frohsinns schwimmt dann Straußens Sprache fröhlich einher.
Die Deutsche Bühne, 17.11.2014
Deutschland zwischen Tür und Angel
(…) Tür auf Tür zu: das Obligato
des Boulevards. Wahrscheinlich hat Botho Strauß seine 1991
uraufgeführten „drei Akte“ zum Thema der Nation gar nicht so
umwerfend schnurrig und schrullig gemeint. In Hof indes applaudierte
das Premierenpublikum nach rasanten, rasend komischen hundert Minuten
lautstark einer buntscheckigen Burleske, einer grotesken Satire,
einer furios befeuerten Farce. (…) Überhaupt ist alles
Choreographie der poliertesten Art – Team-work-Artistik (…) Mit
seinen Posen und Posituren, mit Gerempel und Verrenkungen, Taumel-
und Torkeleien reagiert es momentgenau aufs Stich- und Schlagwort,
als gehörten sie alle (…) zu einer gut geschmierten Truppe der
Commedie dellárte.
(…) In Deutschland öffnet sich das Tor zur
Weltenwende . Und die Regisseurin karikiert sie mutig in Gestalt
verzerrter Zweierbeziehungen und verschrobener Gruppen. Zwischen den
Türen auf der Schwelle zum Pathos und also zum Lächerlichen
entfesselt das Ensemble, von Caroline Stolz absolut exakt, dabei
abenteuerlich abgemischt, die fratzenhaft-drolligen Riesengebärden
(und die Klaviermusik) des Stummfilms, die gestisch-mimische
Zügellosigkeit des Nonsens, den Kokolores der
Clownerie.
Frankenpost, 17.11.2014